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Bei der Kunst zu Gast

27. September 2022

 

In Miyota-machi, eine Stadt in der japanischen Präfektur Nagano, errichtete der japanische Architekt und Designer Nendo ein einzigartiges, hybrides Bauwerk, das zur Kontemplation einlädt.

 

Von Barbara Jahn

 

 


Das Gebäude für die Sammlung mit Gästehaus besteht aus nahezu quadratischen Tunneln, die sich streng geometrisch übereinanderlegen.

 

Es ist die perfekte Idylle: Mitten in der Natur, wo sich murmelnde Bäche sich durch einen dichten Rotkiefernwald schlängeln, entstand ein außergewöhnliches Gebäude namens Culvert Guesthouse, das wie eine Skulptur aus quaderförmigen Tunneln anmutet, mit dem Zweck zur Archivierung von Möbeln, Produkten und Kunstwerken und einem mit einem angeschlossenen Gästehaus. Die Kombination aus Fertigteil- und Spannbetonbauweise, die vor Ort zusammengesetzt wurde, wirkt auf den ersten Blick wie ein Fremdkörper inmitten der Bäume und ist es dennoch nicht. Bei näherer Betrachtung versteht man den harmonischen Dialog, in den Architektur und Wald miteinander treten.

 

 


Das Culvert Guesthouse ist so konzipiert, dass die Sammlung ständig erweitert werden kann.

 

Das Gebäude besteht aus vier übereinanderliegenden Röhren mit quadratischem Querschnitt und einer Innenabmessung von etwa 2 mal 2,3 Metern, die in der Mitte mit einem Dach abgedeckt sind. Insgesamt wurden 63 zwölf Tonnen schwere Teile dafür zusammengesetzt und miteinander verbunden. Das Konzept ist so angelegt, dass die räumliche Struktur jederzeit erweitert werden kann, wenn die Sammlung wächst. Derzeit gibt es neben einem langen, schmalen Raum mit einer Tiefe von etwa 40 Metern noch zwei weitere kleinere Räume für die Museumsstücke. Mit einer Länge bis zu zehn Metern spannen sich die Fenster mit ihrem hochtransparenten Glas so weit wie möglich ohne Metallrahmen von einer Wand zu anderen, ähnlich wie Shoji-Schirme in den Nuten befestigt.

 

 


Die enge Verbindung zwischen Innen und Außen ergibt sich nicht nur durch die Sichtbeziehungen, sondern auch durch den scheinbar durchgängigen Kiesboden.

 

Um das Innen mit dem Außen noch stärker miteinander zu verbinden wurde im Innenbereich derselbe Kies und dieselbe Bepflanzung wie im Außenbereich verwendet. Damit der Kies begehbar wird, wurde dieser auf ein Harzbett gestreut und dann gehärtet. Man hat bewusst darauf verzichtet, den Kies wie normalerweise üblich mit dem Harz zu übergießen, um eine glänzende und daher spiegelnde Oberfläche zu vermeiden. Doch es gibt noch weitere spannende Details. So sind etwa die Türgriffe, die den Fluss der Oberflächen unterbrochen hätten, wären sie „normal“ eingebaut worden, als origineller Griff ausgeführt, der sich in dem kleinen Spalt zwischen Tür und Wand versteckt. Die Badewanne ist in den Boden eingelassen, so dass die Wasseroberfläche mit dem Boden fluchtet und der Eindruck entsteht, dass die Tunnelform durchgehend ist.

 

 

 


Mit jedem Detail wird darauf geachtet, dass der Raumfluss durch nichts unterbrochen wird.

 

Spannend ist die Integration des Gästehauses, dessen Küche, Bad, Toilette und andere sanitäre Einrichtungen im ersten Stock untergebracht sind, während sich im zweiten Stock ein kompaktes Schlafzimmer und ein Arbeitszimmer befinden. Auch hier ist der durchgängige Raumfluss von größter Bedeutung, daher ist die Badewanne in den Boden eingelassen, so dass die Wasseroberfläche mit dem Boden fluchtet und der Eindruck entsteht, dass die Tunnelform durchgehend ist. So ist der entstandene Raum weniger architektonisch zu verstehen als vielmehr ein Projekt, das das bautechnische Konzept mit den Details des Produktdesigns verbindet.

 


Alle auf ein Minimum reduziert: Eine gelungene Szenerie, um Geist und Seele auf das Wesentliche zu konzentrieren.

 

www.nendo.jp

 

© alle Bilder: Takumi Ota + Daici Ano

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